Gipfelbuch

Die typische Henne-Ei-Frage für unbedarfte Elbsandsteinbesucher ist immer wieder
"Wie kommen die Ringe dort in die Wand?"
(In so manchen extremen Wegen stellt sich die Frage wohl auch manchmal weniger Unbedarften ;-)




Nach sächsische Regeln erfolgt die Erschließung neuer Routen immer von unten. (Nicht nur das Anbringen der Ringe sondern auch das Üben oder Ausprobieren der Route von oben oder im top rope ist nicht regelkonform.)
Solche Ringe werden in das mit Bleistreifen ausgelegte Bohrloch getrieben.
In den Anfangsjahren wurden Ringe auch zementiert oder gar gegipst =:-O über die Jahre hat sich das Einbleien als Methode durchgesetzt, bei Sanierungen werden Ringe auch eingeklebt. (Das Blei hat dabei nicht nur die Funktion das Loch abzudichten und so Erosion zu verhindern, es verteilt auch die Kräfte gleichmäßig und gleicht die Unregelmäßigkeiten des Loches aus. Die Korrosion (sprich Rost) führt übrigens zu einer Vergrößerung des Ringschaftes - die Haltekräfte erhöhen sich aber auch die Belastung des Felsens steigt, auch hier gleicht das Blei aus.)

Die etwas modernere Art, das Ringloch in den Fels zu bekommen ;-) Ring schlagen

Beide Bilder: Wido Woicik bei der Erstbegehung von Schwelbrand am Meiler


Nach einer späteren Regeländerung darf der Erstbegeher sich beim Schlagen des Ringes in Schlingen setzen (so er denn welche an natürlichen Sicherungspunkten unterbringen kann, das Schlagen von Hilfsringen (Baunägeln) oder zusätzliche (Holz) Keile ist nicht regelgerecht.).
Auch deshalb sitzen Ringe oft nicht da, wo die schweren Züge sind, sondern dort, wo es dem Erstbegeher möglich war überhaupt einen Ring zu schlagen.
Ringe dürfen auch mit Unterstützung geschlagen werden (Baustelle, Schulterstand) berühmtestes Beispiel ist der ursprüngliche Ring in der Königshangel.

Erfolgreiche Erstbegehungen werden im Gipfelbuch eingetragen und können dann beim SBB (AG Neue Wege) eingereicht werden. Dort werden sie auf Übereinstimmung mit den sächsischen Regeln geprüft und finden sich dann im nächsten Kletterführer wieder.
Was hier so einfach klingt ist natürlich mit viel Arbeit verbunden und sorgt auch immer mal wieder für Missstimmung bei verschiedenen Beteiligten :-/
Dabei lag die Anerkennungsquote der letzten 10 Jahre bei etwa 80 %. [27]
Projekte werden übrigens mit einer Schlinge im Ring markiert und können (auch beim SBB) registriert werden (dafür besteht dann eine Sperrfrist von 3 Jahren).
Jedes Jahr gehen so beim SBB gut 300 neue Wege ein. (4000 in den letzten 10 Jahren)

Die Zeit der Pioniere ist im Elbsandstein natürlich längst vorbei ;-) heute spielt sich die Erschließung neuer Wege entweder in Schwierigkeiten ab die für Otto-Normalkletterer jenseits von Gut und Böse sind oder mit viel Geschick (mit unter auch bei der Auslegung von Regeln und Etik) werden die letzten Meter nach- und übererschlossen. Dabei sind in den letzten Jahren aber auch immer wieder mal ein paar gute (und oft auch gut gesicherte) Wege herausgekommen und hin und wieder kommt sogar ein bisher vergessenen Stückchen Gipfel zum Vorschein ;-)

Inzwischen gibt es Gipfel oder Gipfelbereiche an denen Erstbegehungen nur noch auf Antrag zugelassen sind.
www SBB Erstbegehungsbeschränkungen

Die scheinbar nahe liegende Alternative der Nutzung von Massiven führt seit etlichen Jahren zu heftigen Diskussionen und ist deutlich vielschichtiger als es Außenstehende auf den ersten Blick vermuten.



letzte Bearbeitung dieser Seite am 26.11.2004 © Eissner